Die Errichtung einer pfarrlichen Photovoltaikanlage

 

 

Im Bild vorne v.l.n.r.: Pfarrer Wolfgang Fank, Maria Knöbl, Reinhard Prenner

Im Bild hinten v.l.n.r.: Ing. Karl Wilfinger von den Stadtwerken Hartberg und Ing. Gerhard Korpitsch von der Firma KW-Solartechnik

 

 

 

Diese Rede des Pfarrers Wolfgang Fank, die er anlässlich der Verleihung des Austria Solarpreises am 23.Oktober 2005 gehalten hatte, gibt zusammenfassend die Motive wieder, die uns zu einer Errichtung einer pfarrlichen Photovoltaikanlage bewogen haben. Außerdem werden auch einige Schwierigkeiten angesprochen. Und schließlich das Happy End.

 

 

Gesunde Erde für gesunde Kinder

 

Die Entstehungsgeschichte der pfarrlichen Photovoltaikanlage

der Pfarre Dechantskirchen

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

In der Pfarre Dechantskirchen haben wir einen rührigen Arbeitskreis „Schöpfungsverantwortung“:

  • Wir haben zur Selbstbesteuerung des verbrauchten Wassers aufgerufen, nach dem Motto: Für einen m3 gesundes und preiswertes Wasser 10 Cent für einen Brunnen in Afrika. Jedes Jahr haben wir ein Spendenaufkommen von ca. € 800.-.

  • Wir haben einen autofreien Sonntag eingeführt. Für ländliche Räume mit kirchlicher Prägung eine tolle Sache! Gemeinsames Gehen, ruhige Betrachtung der Natur und vor allem ein zeichenhafter Beitrag, den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Das „Klimabündnis“ und die EU haben den 22.September zum „autofreien Tag“ erklärt. Ein Wochentag ist für unsere Pendlergemeinde unrealistisch. Wir haben den nächstgelegenen Sonntag gewählt. 250 Leute kommen zu Fuß zum Pfarrgottesdienst, 50 fahren mit dem Rad, ein Dutzend Reiter kommen mit dem Pferd. Ein fröhliches Fest.

  • Wir haben große Unterschriftenaktionen auf Pfarrebene gemacht, z. B.: an Minister Bartenstein mit ca. 300 Unterschriften mit der Bitte, die Photovoltaikanlagen in größerer Zahl zu fördern. Über 600 Unterschriften sammelten wir für ein atomfreies Europa.

Und dann haben wir uns mit der Frage der Energie befasst, besonders mit Atomstrom. Beim Lesen der Broschüre „In Zukunft ohne Atomkraft“ von Global 2000 sind wir hellhörig geworden: Ist da nicht die Erde bedroht?

Die Zahlen haben uns aufgeschreckt.

  1. Bei der Urangewinnung aus Bergwerken entsteht Radongas. Daran starben in der ehemaligen DDR zwischen 1946 und 1990 über 7000 Bergleute an Lungenkrebs.

In 5237 Fällen wurde Radioaktivität als Ursache offiziell anerkannt.

  1. Tschernobyl 1986 ist bekannt: Tausende Tote, viele Tausende werden noch an Krebs sterben. Eine Landfläche von der doppelten Größe Österreichs ist auf Generationen radioaktiv verseucht.

  2. Weltweit fallen jährlich ca. 10.000 Tonnen abgebrannte radioaktive Brennelemente an. Diese müssen an die 250.000 Jahre gelagert und bewacht werden. Wer wird das bezahlen?
    Die Vorarbeiten sind gefährlich, das Betreiben des Atomkraftwerkes ist gefährlich, die Lagerung ist gefährlich.

    (Diese Zahlen sind aus der Broschüre „In Zukunft ohne Atomstrom“ von Global 2000.)

    Auf Grund dieses Wissens halten wir die Atomkraft für äußerst gesundheitsgefährdend, äußerst umweltbelastend auf Jahrtausende hinaus und vor allem unverantwortlich den kommenden Generationen gegenüber: 50.000 Generationen müssen zahlen für das, was wir heute genießen. Das ist eine sozialpolitische Sünde ersten Ranges.

Wir waren entsetzt und auch zornig und fühlten uns hilflos. Aber dann dennoch die Frage: Was können wir kleine Leute dagegen tun?

Bei der nächsten Sitzung war uns klar. Vier Schritte können wir tun:

  1. Umstieg auf Ökostrom. Wir ließen uns informieren, informierten weiter, und setzten persönlich konkrete Schritte.

  2. Verwenden von Energiesparlampen, wo es nur geht

  3. Unterschriftenaktionen für ein atomfreies Europa

  4. Dann ein interessanter Vorschla: Wir wollen ja das Kirchdach erneuern. Könnten wir da nicht zugleich eine Photovoltaikanlage am Kirchdach anbringen? So nach dem Motto: Kirche, Kraftquelle innen und oben. Die Idee war heraußen, unser Traum begann, viele träumten bald mit. Andere hielten uns für Träumer.

  1. Das Denkmalamt

Meine Aufgabe war es, mit den Behörden Kontakt aufzunehmen. Bei einem Telefongespräch mit dem Landeskonservator der Steiermark brachte ich unser Anliegen vor: „Wir wollen am Kirchdach eine Photovoltaikanlage anbringen.“ Antwort: „Völlig undenkbar, macht es am Boden!“ Erste Enttäuschung! Aber wir waren deshalb nicht am Boden. Also machen wir die Photovoltaikanlage halt am Boden! Planungsarbeiten folgten, Bestellung der Module, usw. Vier Tage bevor wir mit den Grabungsarbeiten beginnen wollten, kam erneut das Aus vom Denkmalamt. In Kirchennähe darf nichts errichtet werden. Erneute Enttäuschung! Was jetzt? Das wichtigste war, die Module wieder abbestellen. Ich danke heute noch der Fa. KW Solartechnik, bzw. Herrn Gerhard Korpitsch, dass wir die Bestellung wieder rückgängig machen durften.

Dann erneute Verhandlungen mit dem Denkmalamt. Schließlich einigten wir uns auf den Platz vor dem Alten Schulhaus, das zur Pfarre gehört. Von der Sonneneinstrahlung ein guter Platz, leider musste dadurch ein kleiner Küchengarten aufgelöst werden.

  1. Die 2. Schwierigkeit, die noch größere Schwierigkeit, war die Finanzierung

Das war natürlich das größte Problem!

  1. Wir sind ja auf Spenden angewiesen. Die Leute spenden nur, wenn sie überzeugt sind, dass es eine gute Sache ist. Wir mussten die Leute so informieren und motivieren, dass sie bereit sind zu spenden. Vor allem aber mussten wir uns selbst informieren? Wie steht es wirklich mit dem Klimawandel? Was sind die Verursacher der Erderwärmung? Wie gefährlich und wie teuer ist der Atomstrom? usw. Im Klartext heißt das: Zeitungsartikel, die ökologische Fragen behandeln, sammeln; Sendungen im Radio und im Fernsehen, vor allem im 3Sat, welche die ökologischen Probleme der heutigen Zeit wissenschaftlich behandeln, aufnehmen und besprechen;  nach Büchern Ausschau halten, das Internet nützen. Für die Weitergabe dieser Informationen hatten wir einige Medien zur Verfügung: Das Pfarrblatt, die Kanzel, ein Dutzend Informationsveranstaltungen, und nicht zuletzt die persönliche Überzeugungsarbeit in Gesprächen.

  2. Den erhöhten Einspeisetarif hat es nicht mehr gegeben. Mit einem erhöhten Einspeisetarif (60 Cent pro kWh) würde sich die ganze Anlage durch den Stromgewinn in ca. 12 Jahren amortisieren. Aber diesen erhöhten Einspeisetarif gibt es seit fast zwei Jahren nicht mehr. Ohne diese Hilfe amortisiert sich die Anlage erst in etwa 30 Jahren.

    Dann die mutige Entscheidung des Pfarrgemeinderates vom 17.Juni 2004: Wir machen es trotzdem. Warum?

    1. Irgendwann kommt die Förderung wieder, wenn auch nicht heuer, dann vielleicht nächstes Jahr.

    2. Wir hoffen, dass die Annahme stimmt: Wenn wir die Anlage bereits errichtet haben, kommen wir eher in die Förderung.

    3. Pioniersarbeit hat ihren Preis. Warten bis alles billiger wird, ist vernünftig. Aber wir wollen etwas tun für die Erhaltung einer gesunden Erde, auch wenn es Opfer kostet. Wir wollen eine gesunde Erde für gesunde Kinder!

So haben wir also die Anlage errichtet. Kaum hatten wir sie fertig, das war am 8. April, bekomme ich einen himmlischen Telefonanruf, und zwar von Ing. Wilfinger von den Stadtwerken Hartberg. Der ruft mich an und sagt: „Herr Pfarrer, wir haben Glück!“ „Welches Glück meinen Sie?“ fragte ich zurück. „Wir bekommen einen geförderten Einspeisetarif, vielleicht in der Höhe von 60 Cent.“ Mich haut's vom Sessel! „Ja, wie ist das möglich geworden?“ fragte ich. Herr Wilfinger: „Ich habe bei der Ökobilanzgruppe nachgefragt und die haben mir gesagt, dass ein förderbares Kontingent frei geworden ist und Dechantskirchen kann nun in den Genuss des geförderten Einspeisetarifs kommen, weil die Anlage bereits errichtet ist.“ – Es gibt es doch, das Glück des Mutigen!

Und die gibt es auch, die guten Helfer zur rechten Zeit. Herrn Ing. Wilfinger, der uns gratis beriet, sind wir zum großen Dank verpflichtet.

Und wie schaut es mit der Finanzierung aus?

Inzwischen haben über 240 Pfarrbewohner fast € 18.000,- gespendet. Dazu größere Spenden von der Landjugend, von der Kath. Jungend, von der Kapellengemeinde Schlag, usw. Dann die Förderungen der Gemeinden Dechantskirchen und Schlag, sowie der Landesregierung ist noch säumig.

In ca. 12 Jahren haben wir das investierte Geld wieder erwirtschaftet. Was soll dann mit diesem Geld geschehen? Ist schon gefragt worden. Wir werden mit dem zurückgeflossenen Geld wieder ein pfarrliches ökologisches Energieprojekt errichten, während das alte Projekt noch munter weiterproduziert. In 20 Jahren haben wir so viel Geld herinnen, dass wir wieder ein neues Projekt starten können, usw. Nachhaltig im besten Sinn des Wortes? Was mich dabei am meisten gefreut hat? Die Pfarrbewohner haben mitgetan: 240 haben gespendet, 30 Leute haben 330 Stunden unentgeltlich gearbeitet. Das zeigt, dass die Bevölkerung überzeugt war, dass das Projekt gut ist. Es ist wirklich eine pfarrliche Photovoltaikanlage geworden.

Ende Oktober war die ganze Anlage, Kosten: € 34.000,- bezahlt.

Am 23.Oktober 2005 haben wir für dieses Werk den Österreichischen Solarpreis verliehen bekommen.

Technische Daten der pfarrlichen Photovoltaikanlage Dechantskirchen

Installierte Leistung: 5,5 kWp

Die Anlage besteht aus 20 Modulen.

Abmessungen je Modul: 1605 x 1336 x 50 mm

Gesamtfläche: 42,9 m2

Jahreserzeugnis an elektrischer Energie: 5.500 kWh

Vom 08.April 2005 bis 08.April 2006 hat die Anlage 5.583 kWh erzeugt. Das ergab einen Gewinn von € 3.350,-. Bis zum 01.September 2009 erzeugte die Anlage 26.904 kWh.