Unsere kleine Runde versteht sich als Selbsthilfegruppe. Die Runde trifft sich nun bereits sechs Jahre lang und hat sich etabliert.

Wir sind, sofern es uns bislang bekannt ist, die einzige pfarrliche Selbsthilfegruppe in der Steiermark, welche den Blickpunkt ganz auf die Menschen mit Behinderung und die dazugehörigen Familien legt. Zudem ist es ein pfarrübergreifendes, offenes Projekt, das von der Mundpropaganda getragen ist und dadurch ständig wächst. Wir sind sehr froh darüber, wenn jemand durch unsere Zusammenarbeit Erleichterung erfährt oder wirklich Lebenshilfe bekommt.

Es ist schön zu beobachten, wie die betroffenen Mütter und Angehörigen gerne zu den gemeinsamen Abendveranstaltungen (vier bis fünfmal pro Jahr) kommen. Man kennt sich und weiß Bescheid, wie es den einzelnen geht. Dabei ist gerade in dem Umstand eine besondere Stärke zu sehen, dass die  Mütter mit „Erfahrungsvorsprung“ den jeweils Jüngeren entsprechend weiterhelfen können. In dieser Gruppe ist man sich tatsächlich Stütze und Hilfe durch Wort und Tat.

 

 

Mag. Anton Allmer mit einigen Teilnehmerinnen des Arbeitskreises

 

 

Im Zentrum unserer Treffen stehen die Kinder und Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen und deren Angehörige. Die ganze Runde nimmt Anteil an den Erzählungen und Berichten der einzelnen. So mancher Abend war erfüllt von Spannung, wenn wir wussten, dass ein betroffenes Kind aus unserer Runde gerade auf eine wichtige Behandlung oder dergleichen wartete. Oder es macht die Teilnehmerinnen immer wieder sehr froh, wenn es auf irgendeiner Ebene Erfolgsmeldungen zu verzeichnen gibt. So freut sich die Gemeinschaft darüber, wenn die ersten Jugendlichen flügge werden und in entsprechenden Einrichtungen oder Firmen unterkommen und einen Arbeitsplatz bekommen. Damit wird den Eltern eine große Last abgenommen.

Genauso war die Freude riesengroß, als wir vom positiven Ausgang eines langjährigen medizinischen Problems erfuhren. Etwas Schöneres ist kaum vorstellbar. Den Müttern geht es in der Runde der Gleichgesinnten gut. Es herrscht stets ein Klima der Gemeinschaft, der Freundschaft und des fürsorglichen Verständnisses. Wenn wieder jemand Neuer zur Runde dazu stößt, so hielten wir es so, dass wir uns die Lebensgeschichte und die Umstände der Familie anschauten. Manchmal war es auch schon so, dass wir uns bei zehrenden Fragen Fachleute eingeladen haben, welche mit uns arbeiteten. Fachleute haben aus der Distanz einfach einen anderen Blickwinkel und können unvoreingenommen Tipps und Ratschläge geben.

 

 

Die TeilnehmerInnen und ihre Angehörigen beim „Fest der Rollis“

 

 

Früher war der gesellschaftliche Umgang mit Kindern, welche besondere Bedürfnisse haben, ein ganz anderer: Die betroffenen Kinder wurden nicht selten daheim zurückgehalten und so auch der Öffentlichkeit und vor allem der Fördermöglichkeit entzogen. Außerdem schämten sich die Eltern womöglich dafür, dass sie ein Kind hatten, welches in irgendeiner Form beeinträchtigt war. In den letzten paar Jahrzehnten hat sich in unserer Gesellschaft diesbezüglich viel verändert. Es sind verschiedene Umstände, die uns heute helfen, die Menschen mit Behinderung als gleichwertige Menschen anzunehmen. Sie benötigen teilweise unsere unterstützenden Hände und brauchen uns, damit es ihnen gut gehen kann.

 

 

Einweihung des behindertengerechten Zugangs zum Pfarrhof beim „Fest der Rollis“

 

 

Diese begleitende, fördernde Arbeit ist natürlich sehr anstrengend und fordert den Angehörigen und Begleitern doch einiges ab. Deshalb ist es ja auch so gut, „dass es jetzt endlich in der Pfarre eine Möglichkeit des Zusammenkommens gibt“, wie eine betroffene Mutter einmal formuliert hat.

 

 

 

 

 

 

 

Es ist für die betroffenen Familien nicht immer einfach, den Schritt mit dem behinderten Kind in die Öffentlichkeit zu wagen. Welche Reaktionen werden kommen? Wie gehen die Kinder mit unserem Kind um? Was werden sie sagen? Deshalb ist es auch für unseren Arbeitskreis sehr wohltuend, wenn diesbezüglich folgendes positive Echo formuliert wurde: „Als ich vor einigen Jahren in den Arbeitskreis „Menschen mit Behinderung“ eingeladen wurde, dachte ich mir zuerst: Warum? Was soll das helfen? Ich ging sehr angespannt zu diesem Treffen und merkte, dass es auch den anderen ähnlich wie mir erging. Es waren doch alles Frauen anwesend, die mit Situationen in ihrer Familie fertig werden mussten, mit denen sie nichtgerechnet hatten (behinderte oder pflegebedürftige Angehörige).“

 

 

 

 

 

 

 

Nach einer Vorstellungsrunde, bei der alle ihre Probleme und Schwierigkeiten, die sie zu bewältigen haben, allen anderen erzählten, war die Spannung gelöst. Und gerade das Erzählen der eigenen Sorgen, das Zuhören, wenn die anderen sich ihre Lasten von der Seele redeten, sich gegenseitig unterstützten und Lösungsvorschläge brachten, hat mir persönlich sehr geholfen. Auch wenn man die Unterstützung der Familie und der Verwandten hat, so tut es doch gut, in einem anderen Kreis darüber zu sprechen, und man merkt, dass „geteiltes Leid wirklich halbes Leid ist…“

 

 

 

 

 

 

 

Inhaltlich gestalten wir die Abende immer wieder in der Form, dass wir genügend Zeit geben für den persönlichen Austausch. Zudem laden wir je nach Bedarf Spezialisten ein oder wir fahren gleich zusammen dorthin, wo wir vor Ort jene Informationen abholen und bekommen möchten, die wir für unsere Familien und Betroffenen brauchen. So besuchten wir die verschiedensten Behinderteneinrichtungen im engeren Umkreis, wir waren in der Frühförderstelle in Hartberg, wir fuhren gemeinsam mit einem großen Bus – dank finanzieller Unterstützung durch die Landjugend – nach Mariazell, wo wir uns das Angebot des Delfinschwimmens in St. Sigmund anschauten und ausprobierten. Letzten Herbst sprach eine Fachfrau zu uns über die Thematik des Clearings, wo wieder ganz konkret ein paar Jugendliche wichtige Unterstützungen bekamen.

 

 

 

 

 

 

 

Wir hoffen nun für die Zukunft auf eine fruchtbare und erfüllende Zusammenarbeit, die allen betroffenen Familien zum Segen werden kann.