Seit 2002 begehen wir dieses Fest. Einmal ist es ausgefallen auf Grund der 850 Jahrfeier der Gemeinde Dechantskirchen. Die Gottesdienstbesucher werden gebeten, am „Autofreien Sonntag“ vermehrt zu Fuß in die Kirche zu kommen, oder mit dem Rad zu fahren oder mit den Pferden zu reiten. Es soll ein Zeichen der Bereitschaft gesetzt werden, CO2-Ausstoß zu vermeiden, die Natur zu bestaunen und vielleicht mit Nachbarn in die Kirche zu gehen wie vor vielen Jahren.

 

 

 

 

Die Predigt des Pfarrers

 

 

„Autofreier Sonntag 2016“ – 24.Sonntag im Jahreskreis C

Lesung: Laudato si, Nummer 1 und 2

Evangelium: Lukas 15,1-7: Gleichnis vom verlorenen Schaf

 

 

 

 

Liebe Schwestern! Liebe Brüder!

 

Das ist mein Traumevangelium: „Das Gleichnis vom verlorenen Schaf“

Es gibt Antwort auf die Frage: Wie ist Gott? Er weidet, er sucht und sucht und findet und trägt nach Hause und feiert mit dem Verlorenen. Kein Schimpf, keine Schande, kein Schlagen nur Getragenwerden und Feiern. – Gemeint ist hier der Mensch, der sich verlaufen hat.

Weil heute „Autofreier Sonntag“ ist, möchte ich auf etwas hinweisen, das sich auch verlaufen hat: der nachhaltige Gebrauch der Güter der Erde.

Wir Menschen haben uns verrannt im Gebrauch der Güter dieser Erde. Wir haben sie beschädigt, sie ist krank, ausgebeutet, ist unter die Räuber gefallen. Die Räuber sind wir.

Ich erinnere an einige Beispiele, die zum Teil sicher bekannt sind:

  • Ozeane: Sie sind verschmutzt und vergiftet: Bis 1971 sind ca. eine Million Tonnen chemischer Giftwaffen in den Meeren entsorgt worden. Man schätzt, dass ca. 100.000 Tonnen Atommüll, in Fässern verschlossen, in die Meere versenkt wurden. Die Fässer rosten. Eine tickende Zeitbombe. 6 Millionen Tonnen Plastik gelangen jedes Jahr in die Meere.

    Gier der großen Fischereiflotten: 90% der großen Fische sind bereits verschwunden. Thunfisch, Schwertfisch, Heringe sollte man schonen.

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  • Erde: Rodung der Urwälder für Biosprit, Sojafutter und Rindfleisch für Europa, Verbauung der fruchtbaren Erde: jeden Tag in der Größe von 30 Fußballfeldern in Österreich. In manchen Gewässern sind bis zu 40 verschiedene Chemikalien nachweisbar.

    Die Treibhausgase führen zur Erd- und Meereserwärmung! Folgen: längere Dürrezeiten, lokale Starkniederschläge mit verheerenden Schäden.

    Tiere sterben! Jeden Tag sterben 150 Tierarten aus, das sind 53.400 im Jahr. Kartenhauseffekt! Das alles kann einmal bedrohliche Folgen haben.

    Wir entnehmen der Erde mehr als sie leisten kann, vergiften sie mehr, als sie die Fähigkeit hat, sich zu regenerieren. Man spricht von Welt-Erschöpfungstag. Wann ist alles aufgebraucht, was die Erde im Laufe eines Jahres liefern kann? Und was sie an Vergiftung verkraftet? Heuer bereits am 08.August, im Vorjahr am 13.August. Würden alle auf der Welt so leben wie die Österreicherinnen und Österreicher, wäre die Erde bereits am 17.April aufgebraucht. Also, was wir heuer ab dem 9.August der Erde entnehmen, bzw. sie belasten, ist Raubbau an ihrer Substanz. Und das alles verschlechtert sich von Jahr zu Jahr. Der Welterschöpfungstag war im Jahre 1987 am 19.Dezember.

    Die Erde ist in den letzten Jahrzehnten unter die Ausbeuter gefallen, unter die Räuber gefallen. So schreibt Papst Franziskus zu Beginn seiner Enzyklika „Laudato si“: „Die Schwester Erde schreit auf wegen des Schadens, den wir ihr aufgrund des unverantwortlichen Gebrauchs und des Missbrauchs der Güter zufügen.“

    Ein bitteres Beispiel ist Bangladesch: ein sehr flaches Land. Die Ozeane sind gestiegen, die Stürme werden stärker, sodass immer mehr salziges Ozeanwasser in die Felder gepeitscht wird. Diese werden unfruchtbar. Folge: Jeden Tag geben 3000 Bauern auf. Ähnliches geschieht an vielen Küstenregionen der Welt.

 

Auch bei uns nehmen die Wetterextreme zu. Und sie kosten von Jahr zu Jahr mehr. Gerade in der heutigen Ausgabe der Kleinen Zeitung (11.09.2016) ist ein Bericht mit der Überschrift „Das Wetter kommt uns immer teurer“ zu finden. Da heißt es:

„Überschwemmungen, Hagel, Murenabgänge: Kein Sommer vergeht mehr ohne Unwetterschäden in Millionenhöhe. Und die Kosten steigen immer weiter.“

So sind laut einer Aufstellung des „Austrian Climate Research Program“ die jährlichen Kosten großer Wetterextemereignisse in Österreich von durchschnittlich € 97 Millionen in den 1980er Jahren, auf € 127 Millionen in den 1990ern und schließlich auf € 706 Millionen in den 2000ern geklettert.

Und sie werden weiterklettern. Die Kosten für die Unwetterschäden in Österreich wurden schon vor zwei Jahren für das Jahr 2050 auf € 8 Milliarden geschätzt.

Es stimmt, was Papst Paul VI. bereits im Jahre 1971 prophetisch gesagt hat, dass die Menschen „die Natur so unbedacht ausgeschlachtet haben, dass Gefahr besteht, sie zu zerstören, und dass der in solchem Missbrauch liegende Schaden wieder auf sie selbst zurückfällt.“

Schuld an dieser ganzen Entwicklung sind hauptsächlich die Industrie, die Energiewirtschaft, der Verkehr, die Landwirtschaft, Haushalt, und dabei vor allem die Verwendung von fossiler Energie.

Schweigt die Kirche über diese dramatische Verschlechterung der natürlichen Lebensgrundlagen für die kommenden Generationen und vor allem für die wirtschaftlich unterentwickelten Länder?

Ich habe nachgeforscht und bin überraschender Weise zur Erkenntnis gekommen, dass die letzten vier Päpste allesamt zu einer ökologischen Umkehr aufgerufen haben. Ganz besonders der jetzige Papst in seiner Enzyklika „Laudato si“, die er im Vorjahr veröffentlicht hat und die weltweit diskutiert wurde und wird. Und heuer am 01.September, dem „Welttag der Schöpfung“, hat der Papst wieder zur Umkehr aufgerufen, zur Rettung des Planeten. Wir sollen der Erde gegenüber wieder barmherzig werden. Die Schöpfung zu schonen, sagt der Papst ist ein Werk der Barmherzigkeit. Das ist dem Papst so wichtig, dass er heuer im Vatikan ein ganz neues Amt eingeführt hat, das „Amt für ganzheitliche Entwicklung des Menschen“, Amt für soziale und ökologische Verantwortung. Der soziale Aspekt war der Kirche immer schon wichtig, nun kommt der ökologische dazu.

Wichtig ist jetzt, dass diese Erkenntnisse und diese Mahnungen alle Menschen erreichen, alle Gläubigen und alle Andersdenkende. Sie sollen die Kraft haben zu motivieren zu einem ökologischen Handeln. Es geht um unser gemeinsames Haus, die Erde.

 

 

 

 

Ich freue mich, sagen zu können, dass wir in unserer Pfarre uns schon über 15 Jahre darum bemühen. Der sog. „Autofreie Sonntag“ hatte von Anfang an die Absicht, auf die Folgen des CO2-Ausstoßes hinzuweisen. Umstieg auf Ökostrom, Verwendung von Strom sparenden Geräten, ein weites Photovoltaikprogramm, Verwendung vom Einkaufstaschen aus Stoff, mehr zu Fuß gehen, sparsam umgehen mit Chemikalien, und viele andere Aktivitäten haben wir in den letzten 15 Jahren in unserer Pfarre gemeinsam durchgeführt. Wir erzeugen in den pfarreigenen Einrichtungen dreimal so viel Strom wie wir verbrauchen, wir sparen im Vergleich zu 2005 über 65 Tonnen CO2. Und ich danke heute, dass Ihr, liebe Schwestern, liebe Brüder, so zahlreich und so entschlossen mitgetan habt.

Freilich könnte jemand einwenden: „Was ist das schon im Gesamten der katastrophalen Entwicklung des Klimas auf der Erde?! Zahlt sich fast nicht aus!“ Aber: „Wenn viele kleine Leute an vielen kleinen Orten viele kleine Dinge tun, kann sich das Angesicht der Erde erneuern.“ Also bleiben wir dran und dabei.